Hallo Matthias,
vielen Dank für den Link über die Untersuchung in Ulm. Glücklicherweise wurde erwähnt, dass die Ergebnisse ohne statische Signifiganz waren. Das bedeutet, dass z.B. zwar "Nahezu die Hälfte der Nichtrechtshänder (47,1%), aber weniger als ein Drittel der rechtshändigen Vergleichsgruppe (26,3%)" chronisches Stottern entwickelte, dies aber nicht eindeutig der Händigkeit zugeschrieben werden kann - zu viele andere Faktoren können im Spiel sind. Anders ausgedrückt: es ist möglich, aber auch nicht.
Es ist ein grosser Unterschied, ob man behauptet, "Händigkeit ist als Ursache nicht nachgewiesen" (wir sind uns sicher) oder "es konnte nicht nachgewiesen werden, dass Händigkeit die Ursache ist" (wir sind uns nicht sicher; wie oben). Diese beiden Aussagen werden leider oft verwechselt.
Es scheint so, dass Händigkeit und Stottern noch nicht zuverlässig genug untersucht worden ist - auch in neuer Literatur wird das erwähnt. Auch diese Studie sagt ja, dass evtl. die Stichprobe nicht gross genug war (obwohl 55 ausreichen müssten, allerdings hängt dies von der verwendeten statistischen Methode ab).
Und noch als Anmerkung: hier ist das grössere Thema die cerebrale Dominanz, und zwar ist sie ausgeprägt genug oder nicht. Nach einer Theorie entscheidet eine Hemisphäre welche der beiden Hemisphäre für eine bestimmte Aufgabe (zB sprechen) die Kontrolle hat, egal ob diese dann die Aufgabe tatsächlich auch ausführt. Verwirrend? Nehmen wir an ich will jetzt sprechen. Diese Aufgabe erfordert die Ausführung einer Reihe von Teilaufgaben, teilweise von der linken, teilweise von der rechten Hemisphäre ausgeführt. Eine der Hemisphären muss aber die Kontrolle (Koordination) über die gesamte Aufgabe haben, dass am Ende auch etwas Gescheites herauskommt. Es ist übrigens unklar, wie dies von statten geht, und wie man nachweisen kann, welche Hemisphäre gerade Kontrollfunktion hat. Man nimmt einfach an, es ist so.
Man nimmt weiter an, dass bei den meisten Menschen die kontrollierende Hemisphäre eindeutig Dominanz hat - ein richtiger Diktator sozusagen, jede ausführende Hemisphäre weiss was zu tun ist. Bei manchen Menschen ist diese Dominanz aber nicht ausgeprägt genug (bei gewissen Aufgaben), und es kommt (oder kann kommen) zum "Streit der Hemisphären". Wenn die Aufgabe "sprechen" ist, dann kann es im letzteren Fall zu Stottern kommen.
Wie gesagt, eine Theorie, allerdings eine, der ich mich verschrieben habe und zu der ich meine persönlichen Arbeiten vorantreibe.
Die schlechte Nachricht zuerst: es ist alles so kompliziert

die gute Nachricht: es gibt Nachweise, dass man Gehirnfunktionen um-, ver- hin- und herbiegen kann, fast nach Belieben. Teilweise kann man das auch schon.
Schönes Wochenende, allen!