Ich bin Beate Köhler, 34 Jahre alt und lebe in Hamburg. Ich bin begeisterte Chemikerin, verreise gerne in nahe und ferne Länder und mag es zu fotografieren. Ich liebe ich es, Reden zu halten, zu präsentieren, neue Leute kennenzulernen - und ich stottere.

25 Jahre lang hat das Stottern über mein Leben bestimmt. Es hat bestimmt, was ich sage und wen ich treffe, dass ich nicht telefoniere, sondern E-Mails schreibe und oft konnte ich nicht zeigen, wer ich wirklich bin. Ich war sehr oft darauf angewiesen, dass jemand anderes für mich spricht, weil ich so schlimme Blockaden hatte. Hatte ich einen Block, ging nichts mehr. Ich verkrampfte am ganzen Körper, wurde rot und kämpfte mit meinem ganzen Körper gegen das Stottern an. In einigen Situationen war ich flüssig, aber darauf konnte ich mich nie verlassen. Auf mein Stottern dagegen konnte ich zählen, wenn es drauf ankam.
Ich hab niemals ohne Zettel und Stift das Haus verlassen, denn ich wollte vorbereitet sein für den Fall, dass ein Wort trotz größter Anstrengung einfach nicht über meine Lippen kommen wollte.
Was ich vermeiden konnte, habe ich vermieden. Ich habe alles daran gesetzt, den Vortrag an der Uni nicht halten zu müssen und habe dafür tonnenweise Zusatzarbeit in Kauf genommen. Ich bin nicht zur Geburtstagsfeier meiner Freundin gegangen, weil ich mich in Gesellschaft nicht nur unwohl gefühlt habe, sondern Angst davor hatte, angesprochen zu werden. Nicht weil mein Umfeld mit meinem Stottern nicht klar gekommen wäre... ich wollte einfach nicht in dieser Situation sein. Meine größte Angst von allen war es aber, Englisch zu sprechen.
Nach jeder geglückten Vermeidung fühlte ich mich erleichtert und miserabel zur gleichen Zeit: Es bedeutete nämlich, dass ich nicht das Leben gelebt habe, dass ich wirklich wollte. Ich bin mir sicher, dass ich mit diesen Gefühlen und Strategien hier nicht alleine bin.
Glücklicherweise gab es immer Menschen in meinem Leben, die hinter dem Stottern, das in mir so viel Raum eingenommen hat, den Menschen gesehen haben! Das hat mir Kraft gegeben.
Es gibt in Deutschland so viele Therapiemöglichkeiten und ich denke, dass jeder das finden kann, das zu ihm (oder ihr

Das McGuire-Programm ist ein internationales Programm von Menschen, die stottern, für Menschen, die stottern und es kombiniert physische und mentale Strategien gegen das Stottern zu einem ganzheitlichen Ansatz. Weltweit gibt es mehrere Tausend Mitglieder und es gibt ein riesiges - und wie ich finde phantastisches, weltweites Supportnetzwerk. Jeder, der im Programm involviert ist, stottert selbst und weiß aus eigener Erfahrung was es bedeutet, Kontrolle über das Stottern zu erlangen. Der Gründer Dave McGuire, alle Kursleiter, alle Coaches, alle anderen Mitglieder - alle sind Menschen die stottern und alle arbeiten gemeinsam an den Zielen "Kontrolle über das Stottern" und daran ein artikuliert klingender und eloquenter "Redner" zu werden.
Das Stottern ist so individuell wie die Menschen selbst und doch verbindet uns alle doch unheimlich viel.
Das Stottern verbindet uns, weil wir mehr oder weniger ein ähnliches Leben führen und durch gemeinsame/ähnliche Erfahrungen so viel Verständnis für den anderen aufbringen können. Was ich gelernt habe ist: zusammen sind wir stark und können so viel von einander lernen.
Seit Juli 2015 bin ich Mitglied im McGuire-Programm und mein Leben hat sich verändert. Ich bin nicht "geheilt", aber ich habe mein Stottern unter Kontrolle und es nimmt bei weitem nicht mehr so viel Raum ein wie früher. Es ist jetzt wieder Platz für mich selbst und ich kann/konnte zu dem Menschen werden, der ich wirklich bin

Ich wusste nicht, dass ich es liebe, neue Menschen kennenzulernen, und auch nicht dass ich gerne Reden halte! Ich konnte mir nicht vorstellen, dass es mal eine Zeit geben wird, in der ich all das tun kann, wovon ich nicht mal zu träumen gewagt habe, weil ich mich befreit vom Stottern fühle. Mithilfe des McGuire-Programms und den tollen Menschen, die das McGuire-Programm sind, habe ich mir die Kontrolle über mein Stottern und mein Leben zurück erkämpft und kann heute der Mensch sein, der ich wirklich bin.
Ich habe auch meine allergrößte Angst überwunden - das Englisch sprechen. Ich habe heute Freunde auf der ganzen Welt gefunden und stehe in Verbindung mit ihnen - über Telefon/Skype/persönlich/... und natürlich auf Englisch. Ich halte Vorträge auf Englisch (!), präsentiere auf Englisch auch im Rahmen des McGuire-Programms und ich fühle mich gut dabei. Und manchmal sehe ich sogar, wie mich meine Freunde für meine (mündlichen!) Englischkenntnisse bewundern. Das hätte ich mir nie erträumen lassen.

Am 22.10. war wieder Welttag des Stotterns. Zu diesem Anlass habe ich meine Geschichte geteilt, um auf das Thema Stottern aufmerksam zu machen und auch anderen Mut zu machen. Ich hatte eine verrückte Woche mit drei Interviews!!
Ich würde mich freuen, wenn ihr lest und teilt!
http://www.wiesbadener-tagblatt.de/loka ... 263307.htm
http://www.echo-online.de/lokales/darms ... 256891.htm
http://www.wormser-zeitung.de/lokales/w ... 263296.htm
Falls ihr eure Geschichte mit mir teilen wollt und/oder falls ihr Fragen zum McGuire-Programm habt, meldet euch gerne. Ich würde mich freuen, euch kennenzulernen.
Was auch immer der richtige Weg für euch ist, gebt niemals auf!
Viele Grüße
Beate