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von Bettina » 21. Mai 2011 23:27
Guten Tag liebe/r Ratsuchende/r,
toll, dass Sie auf unser Forum gestoßen sind. Hier in der Fachberatung können wir Ihnen unabhängige und solide Beratung anbieten und Sie darüber hinaus auch über die BVSS weiter betreuen oder gerne nochmals beraten.
Es scheint, Sie haben für lange Zeit einen für Sie tatsächlich gangbaren Weg gefunden, sich mit dem Stottern zu arrangieren, es bestmöglich zu vermeiden und irgendwie hat das auch immer so „gut“ geklappt, dass sie bisher nicht die Notwendigkeit gesehen haben, an Ihrem Stottern zu arbeiten. Dazu wird ja auch niemand gezwungen und ich selbst habe Leute in meinem Bekanntenkreis, die deutlich hörbar unflüssig sind und auch von sich sagen: „ja, ich bin Stotterer“, aber nie für sich den Bedarf gesehen haben, ihr Sprechen zu verbessern. Jeder mag sprechen wie er möchte, wichtig finde ich nur, dass sie/er mit ihrer/seiner Art zu sprechen zufrieden ist und es keine Quelle von Traurigkeit oder Missmut darstellt, sondern – wie Sie es so nett schreiben – der Humor und die positive Einstellung überwiegen.
So wie Sie Ihr Stottern beschreiben, vermeiden Sie mit verschiedenen „Tricks“, dass die Unflüssigkeiten für den Gesprächspartner hörbar werden. Stottern hört man auch wenig oder keines, dafür müssen Sie aber sehr überhastet, polternd, schnell, undeutlich sprechen – irgendwann auch anstrengend, oder?
Dass bei den Lernseminaren neuartige kommunikative Schwierigkeiten auf Sie zukommen könnten, sehe ich genauso. Sie haben das sicher auch schon geahnt, als Sie sich zu diesem Fernstudium entschlossen haben – und haben sich trotzdem dafür entschieden! Was ich an dieser Stelle gerne loben möchte! Hoffentlich lesen viele Forumbesucher mit, die sich durch Ihre Entscheidung für diese Weiterbildung darin bestärkt fühlen, sich das (Berufs-)Leben nicht vom Stottern diktieren zu lassen.
Sich in dieser Sache Hilfe zu holen, halte ich für eine gute Idee.
Kommen wir nun konkret zu den von Ihnen erfragten Dingen:
Für nahezu alle seriösen Therapien benötigt man eine Heilmittelverordnung (ein Rezept) für Logopädie / Sprachheiltherapie. Die Behandlungskosten werden in der Regel von der Krankenkasse übernommen. Diese Verordnung stellen in Ihrem Fall HNO-Ärzte oder Phoniater (Stimm-Sprach-Sprechärzte) aus. Da diese Verordnungen speziell ausgefüllt werden müssen und spätestens 2 Wochen nach Ausstellung mit der Therapie begonnen werden muss, es aber manchmal längere Wartezeiten bei den Stottertherapeuten gibt, ist der Arzttermin nur die eine Hälfte. Die andere Hälfte ist die Suche nach einer passenden Therapie mit einer/m passenden Therapeutin/en.
Nicht jeder Logopäde oder Sprachheiltherapeut ist ein guter Stottertherapeut – spezielle Fortbildungen zum Thema Stottern sind meiner Meinung nach unerlässlich. Die BVSS pflegt ein Therapeutenverzeichnis. Dies bei der BVSS für Ihre Wohngegend zu erbeten, ist ein erster Schritt. Die BVSS hat auch neben vielen anderen guten Flyern (z.B. Stottern und Beruf) einen lesenswerten Flyer mit Tipps zur Therapeutensuche und einen neuen Ratgeber in Buchform, der die häufigsten Therapieansätze zur Behandlung des Stotterns beschreibt („Therapie des Stotterns – ein Überblick über aktuelle Therapieansätze“). Es ist nämlich so, dass sich auf dem Gebiet der Stotterbehandlung viele Anbieter tummeln – und natürlich möchte man das Konzept für sich finden, was einen anspricht und was auch „Hand und Fuß“ hat.
Es gibt die Möglichkeit einer ambulanten Therapie wohnortnah, wo Sie ein oder zwei Mal die Woche zu einer Einzeltherapie gehen. Gruppenintensivtherapien (z.B. 4 x eine Woche oder 9x ein Wochenende in einer festen Gruppe) gibt es in verschiedenen Orten und bringt den Vorteil, dass man sich in der Gruppe austauschen, anspornen, helfen kann. Das sind nur zwei wichtige von vielen verschiedenen Therapiemöglichkeiten. Auch die Therapiekonzepte bzw. –inhalte sind wichtig. Wird nach dem „non-avoidance – Ansatz“ oder nach dem „fluency-shaping – Konzept“ behandelt? Um nur zwei wichtige Konzepte zu nennen.
Gibt es in Ihrer Nähe vielleicht eine Stottererselbsthilfegruppe? Dort kann man auch wertvolle Infos zu hiesigen Therapeuten oder diversen Therapien bekommen. Sowieso ist der Kontakt zu einer Selbsthilfegruppe sehr gut und sinnvoll. Es gibt dort immer Interessantes zu erfahren oder zu lernen.
Falls diese Infos noch nicht genügen, scheuen Sie sich nicht, eine zweite Anfrage ins Forum zu stellen oder die BVSS direkt zu kontakten oder unsere Telefonberatung anzurufen (Tel: 02211391108, Donnerstags von 17 bis 20 Uhr, Freitags von 12 bis 14 Uhr).
Nun noch zu Ihrer Anekdote: wenn man so will – Ihr erstes „Outing“ – vielleicht ein erster Schritt zu einem anderen Umgehen mit dem Stottern…
Viel Erfolg wünsche ich – und drücke die Daumen,
Ihre Bettina